Höllental Schicksalsschlucht
Dokumentation von Tamara Spitzing, 90 min. (Kurzfassung: 45 min.), Herstellung: 2018
Sendetermin: 13. Januar 2019 um 18:15 im SWR
Das Höllental ist 9 Kilometer lang, liegt südöstlich von Freiburg und bietet mit seinen hohen und steilen Felswänden und Kehren eins der eindrucksvollsten Naturschauspiele im Schwarzwald. Seine Lage ist einzigartig: Das imposante Tal gleicht einem Nadelöhr zwischen der Rheinebene und den Schwarzwaldhöhen. Wie unter einem Brennglas bündelt sich im Höllental die Geschichte der Region: Kreuzritter, Königinnen, Händler, Pilger, Heerzüge und Bauern: Alle mussten durch diese gefahrvolle Schlucht, mancher verlor dabei sein Leben. Bis mit dem Ausbau der Bahnstrecke – eine der eindrucksvollsten Ingenieurleistungen des 19.Jh. – der Weg geöffnet wurde. Der Film erzählt die spannende Geschichte: Das Höllental – wie es keiner kennt. 4. Mai 1770. Das Rattern von 57 Wagen hallt von den engen Wänden des Höllentals wider, ein barocker Prachtzug wälzt sich durch die Schlucht: die Brautfahrt der erst 14jährigen Marie Antoinette, Erzherzogin von Österreich. Mit ihrem Gefolge ist sie auf dem Weg durch den damals vorderösterreichischen Breisgau von Wien nach Paris zu ihrem Bräutigam, dem Dauphin Louis Auguste, dem späteren Ludwig XVI. Als Unterpfand der Habsburgischen Heiratspolitik (tu felix Austria nube!) soll die Ehe der jungen Prinzessin den Frieden zwischen Österreich und Frankreich festigen. Eigens für die künftige Königin ist die gefahrvolle Passage vorab mühsam auf Kutschenniveau ausgebaut worden. Doch das ist nur die bekannteste Episode aus der Geschichte des Höllentals: Bereits lange davor führte ein schmaler Karrenpfad hindurch – ein wichtiger, aber auch gefürchteter Verkehrsweg. Mit Expert/innen wie beispielsweise Schriftstellerin historischer Romane Astrid Franz, dem Förster des Reviers Höllental, der Wirtsfamilie des Hofgut Sternen und engagierten Mitgliedern des Vereins Heimatpfad erforscht der Film Erstaunliches, Unbekanntes, Rätselhaftes … Am Anfang : die Burg Falkenstein. Das Geschlecht der Falkensteiner sichert im 12.Jh. das Tal und den Übergang zum Hochschwarzwald – damals heißt das Höllental noch „Falkensteiner Tal“. Zahllose Sagen – z.B. die über den Hirschsprung – ranken sich um das Geschlecht der Falkensteiner und seine angebliche Teilnahme an den Kreuzzügen. Die Ritter errichten die mysteriöse Kapelle des heiligen Oswald von Northumbria, sie wird Keimzelle der Besiedlung des Schwarzwaldes auf den Höhen rundum. Aber die Falkensteiner verkommen zu Raubrittern. Die Freiburger zerstören die Burg. Es entsteht das „Gasthaus auf der Steig“, Vorläufer des heutigen Hofgut Sternen. Man stelle sich vor: Wagen, schwer mit Ballen und Fässern beladen, werden im Gasthaus mit mehreren Pferden bespannt, die die Waren und Menschen über die unfassbar steile Steige zum Schwarzwald emporziehen – viele Jahrhunderte hindurch! Rund ums Tal und in den Seitentälern entstehen Höfe, Handwerksbetriebe und Mühlen zur Versorgung dieses zentralen Verkehrsknotenpunktes, eine Zollstation regelt den Warenverkehr. Anhand der Mühlen, Löffelschmieden und Höfe entwirft der Film ein Bild des Sozial- und Alltagslebens jener Tage. Aus dem Gasthaus wird eine Poststation, der Gasthof „Sternen“, in den berühmte Menschen wie z. B. Johann Wolfgang von Goethe einkehren. Im 18. Jahrhundert erlangt das Tal sogar weltgeschichtliche Bedeutung. Die französische Armee belagert Freiburg. General Moreau, von den Habsburgern geschlagen, zwängt sich auf dem Rückzug mit 40.000 Soldaten durch das enge Tal, ein Höllentrip – val de d’enfers, der Name bleibt. Zur Zeit der badischen Revolution wird die Poststation ein Widerstandsnest. Erst mit dem umstrittenen Ausbau der Höllentalbahn ändert sich die Lage. Der Bau ist spektakulär, die Steigungen betragen zum Teil fast 60 Prozent: die steilste Bahnstrecke Deutschlands. Ihre Einweihung 1887 eröffnet ein neues Kapitel der Erschließung des Schwarzwalds. In eindrucksvollen Bildern – Drohne, semi-reenctement, Naturschönheiten und mit originellen und authentischen Protagonistinnen – erzählt der Film Geschichte neu: Einer der spannendsten Orte des Schwarzwaldes gibt seine Geheimnisse preis: Höhepunkte der Geschichte, Erstaunliches über das Leben der Menschen in den abgelegenen Seitentälern, Sozial- und Verkehrsgeschichte, die einzigartige Geologie und seltene Pflanzen, Sagen und Mythen sind ebenso Thema wie die technischen Meisterleistungen, die das Tal, die „Höll“ letztendlich, nach Jahrhunderten das Kampfes, bezwungen haben.